Abgesehen von der Sprache unterscheidet sich die Praxis des Amateurtheaters der burgenländischen Volksgruppen kaum von jener der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung. Auch in den burgenlandkroatischen Dörfern waren es „Studierte“, die Theatergruppen gründeten und leiteten. Allerdings: Im Unterschied zu deutschsprachigen Spielleitern, die Stücke aus Amateurtheaterverlagen beziehen konnten und dafür Aufführungsrechte kauften, schrieben kroatische Autoren und Regisseure, weil ein Repertoire fehlte, selbst Stücke und übersetzten dramatische Literatur aus dem Deutschen, Ungarischen oder Serbokroatischen in ihre Muttersprache.
In der Ahnenreihe des burgenlandkroatischen Theaters an vorderen Stellen stehen die Geistlichen Mate Mersich Miloradić (1850-1928) und Ignac Horvath (1895-1973). Horvath schrieb mit dem 1946 in Frankenau/Frakanava uraufgeführten Stück „Školnik zvonar“ / „Der Schulmeister als Glöckner“ das – wie es in der Literatur heißt – „erste originelle kroatische Schauspiel“.
Szenenfoto aus „Koliko smo, to smo“, einem Stück des Schriftstellers und Geistlichen Augustin Blazovich. Mitwirkende der Aufführung 1960 in Wien waren Mitglieder des Kroatischen Akademischen Klubs/Hrvatski akademski klub.
Gastspiel des Theatervereins Dugava Güttenbach 2023 im „Hrvatski Centar“ in Wien. (Foto: Theaterverein Dugava)
Als wichtigste Vertreterin zeitgenössischer burgenlandkroatischer Theaterliteratur gilt die in Zagersdorf/Cogrštof lebende Autorin Ana Schoretits, Jahrgang 1952. Ihr erstes Stück, die Komödie „Ako ti je Marko žao“ / „Falls du es bereust, Marko“ verfasste sie 1970 noch unter dem männlichen Pseudonym Marko Varga. Ab 1983, der Gründung der Theatergruppe Zagersdorf/Cogrštof, schrieb und inszenierte Ana Schoretits drei Jahrzehnte hindurch beinahe jährlich ein neues Stück zu Themen aus der heutigen Lebenswelt.
Zu den ältesten, nach wie vor tätigen burgenlandkroatischen Amateurtheatergruppen zählt jene in Klingenbach/Klimpuh, die 1958 von Pfarrer Stefan Geosits (1927-2022) gegründet und mehrere Jahrzehnte hindurch geführt worden ist. Die Leitung hat inzwischen Ljuba Palatin-Wild übernommen, die selbst schon seit ihrer Jugend auf der Bühne steht. Neben dem Anspruch, das Publikum humorvoll zu unterhalten, geht es der Pädagogin, „ganz besonders um den Erhalt der burgenländisch-kroatischen Sprache.“ Dieses Anliegen, dem Sprachverlust in mehrfachem Wortsinn „spielerisch“ entgegenzuwirken, ist so gut wie allen burgenlandkroatischen Theater-Begeisterten gemeinsam.
Burgenlandkroat:innen, die sich Zeit dafür nehmen, Dialoge in ihrer Erstsprache auswendig zu lernen, zu proben und vor Publikum auf der Bühne zu stehen, gibt es außer in Klingenbach/Klimpuh aktuell in Nikitsch/ Filež mit derzeit 430 Followern auf der Facebook-Seite der „Kazališna grupa Filež“, im benachbarten Kroatisch Minihof/Mjenovo konzentriert sich die seit 2010 bestehende „Junge Initiative“ auf Musicals, höchst aktive Theatervereine sind auch Kazališno društvo Dugava Pinkovac in Pinkovac/Güttenbach sowie (das) Kazališno društvo Nova Gora/Neuberg. Beide Gruppen sind auch Mitglieder im im Frühjahr 2023 gegründeten Landesverband für außerberufliches Theater „Theater im Burgenland“, vor Kurzem hat sich auch die Theatergruppe Nikitsch dem Landesverband angeschlossen.
Wie im gesamten Land nimmt die Begeisterung fürs Theatermachen auch in den burgenlandkroatischen Dörfern ab. Lebendig hingegen ist, was man „Tamburizza-Kultur“ nennen könnte. 1923 aus dem südslawisch-ungarischen Raum über Wien ins Burgenland geholt, gilt die Langhalslaute mittlerweile als Inbegriff burgenlandkroatischer Kultur.
Szenenfoto aus dem Musical „Sugar – Some like it hot“ aus 2002. Mitwirkende: Theatergruppe „Junge Initiative Kroatisch Minihof“. (Foto: Isabella Kuzmits/BVZ)