Auch nach dem Krieg blieb das 1945 wiedererrichtete Bundesland Burgenland Ziel für deutschsprachige Tourneetheaterbühnen. Ziel der Kulturpolitik des Landes war, die Qualität von Stücken und Inszenierungen zu heben und auf „Bauerntheater“-Gruppen mit ihren mit Zoten gespickten Stücken Einfluss zu nehmen. Auftreten konnten Wandertruppen nur, nachdem sie ihre Spielpläne vorgelegt und sogenannte Produktionslizenzen erhalten hatten. Zum „Kampf gegen Schmutz und Schund“ sollte auch das erste beständige professionelle Theaterunternehmen des Landes beitragen.
„Will man im Land unserer Dörfer die Menschen mit gutem Theater konfrontieren, bleibt nur die Wanderbühne als Ausweg,“ so Otto Kery (1923 – 2006), mit jugendlichen 23 Jahren Gründer und Prinzipal der Burgenländischen Landesbühne.
Auch wenn sie so geheißen hat, ein landeseigener Betrieb war die Landesbühne nicht. Otto Kery, jüngerer Bruder des späteren Landeshauptmanns Theodor Kery (1918 – 2010), führte das auf Widerstände von Seiten der ÖVP zurück – aber auch die ausschließlich der SPÖ angehörenden Kulturreferenten des Landes waren nicht bereit, die Landesbühne zu übernehmen und finanziell sicherzustellen.
Szenenfoto aus Nestroys „Der Zerrissene“ von 1969, rechts im Bild: Otto Kery als „Krautkopf“
Konzentriert dabei: das Publikum bei einer Märchenaufführung
„Wir sind bestrebt, den Erwachsenen – den ‚Daheimgebliebenen‘ – Unterhaltungstheater zu bringen, die studierende Jugend des Landes mit der Klassik und der Moderne bekanntzumachen, und schließlich wollen wir den Kleinen mit gespielten Märchen Freude bereiten,“ umriss Otto Kery den Spielplan seiner Landesbühne. Komödien wurden in Abendvorstellungen gezeigt, im Rahmen von Aufführungen vor Schülern innerhalb der Unterrichtszeit wurden klassische und moderne Stücke gespielt, zum Beispiel von Fritz Hochwälder, Friedrich Dürrenmatt oder Bert Brecht und die Märchen-Aufführungen, die zahlenmäßig überwogen, fanden vor Volksschulkindern statt.
Sein Ensemble rekrutierte Otto Kery aus frisch gebackenen Absolvent:innen diverser Wiener Schauspielschulen. Kery selbst hatte, nachdem er aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, die Schauspielschule von Burgschauspieler Helmuth Krauss (1905 – 1963) besucht und die Bühnenreifeprüfung abgelegt. Vom Typus eines „Volksschauspielers“ stand der Herr Direktor unzählige Male persönlich auf der Bühne, auch als „Einspringer“.
Gespielt wurde in Gasthöfen, Schulen, Kinos, Werkskantinen, wobei keine einzige der Spielstätten den Anforderungen an eine Bühne entsprach, was Kery wiederholt beklagte. Als mit der Eröffnung des ersten burgenländischen Kulturzentrums 1976 in Mattersburg erstmals ein adäquater (Mehrzweck-) Saal zur Verfügung stand, gab es die Landesbühne nicht mehr. Kulturlandesrat Fred Sinowatz (1929 – 2008) forderte „ein engagiertes Theater, den Vorstoß in neue Publikumsschichten, jene Demokratisierung also, die einen Schwerpunkt der Kulturpolitik von heute darstellt.“ Diese Ansprüche erfüllen zu können, wurde der Landesbühne nicht mehr zugestanden, die ihr zugedachte Subvention von Sinowatzʼ Nachfolger Gerald Mader (1926 – 2019) eingestellt und Otto Kery mit 49 Jahren Beamter in der Kulturabteilung der Landesregierung.
Szenenfoto aus einer Aufführung der Landesbühne, Otto Kery links im Bild
Tourneebus vor dem Schloss Esterhazy in Eisenstadt