„Ich habe von null auf alles aufgebaut, den Orchestergraben konzipiert und beim Betonieren mitgearbeitet,“ so Dietmar Kerschbaum zu Gast beim Ö1-Klassik-Treffpunkt Mitte September 2023 über das „schöne Schloss“ Tabor, wo der gelernte Sänger ausüben konnte, wofür er „immer schon so eine Leidenschaft entwickelt“ habe, die Organisation von Opern.
Dass Kerschbaum erste Erfahrungen als Gründer und Intendant eines Festivals auf Schloss Tabor im Dreiländereck Österreich-Ungarn-Slowenien gewonnen hat, ist kein Zufall, denn der Musikmanager ist beinahe ums Eck des Schlosses, in Grieselstein bei Jennersdorf, aufgewachsen und hat dort nach wie vor einen Wohnsitz. Schloss Tabor, das zur Region des 1998 gegründeten Naturparks Raab-Őrség-Goričko gehört, ist übrigens ebenso ein ehemaliger Herrschaftssitz der Adelsfamilie Batthyány wie das im nördlichen Zipfel des Landes gelegene Schloss in Kittsee. Dort gründete ebenfalls ein „Einheimischer“, der Musikagent Rudolf Buchmann, 2008 das Sommerfestival Kittsee.
Szenenfoto aus Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ mit Dietmar Kerschbaum als Wenzel und Renate Pitscheider als Marie, JOPERA 2010
Svenja Kallweit und Alfons Haider bei der Präsentation der Operette „Die schöne Helena“ 2023 (Foto: Katharina Schiffl)
Kerschbaum zeigte schon 2003 im Hof des Schlosses Tabor eine konzertante Fassung von Mozarts „Zauberflöte“, seit 2007 nannte er das Unternehmen jOPERA Jennersdorf Festivalsommer und brachte an durchschnittlich sieben Abenden jeweils im August meist populäre Opern zur Open Air Aufführung.
2019 kaufte das Land das Schloss vom bisherigen Eigentümer, einer gemeinnützigen Stiftung mit Stiftungsvorstand Dietmar Kerschbaum, die die Liegenschaft ihrerseits erst zwei Jahre zuvor von den damaligen Besitzern, den Naturpark-Gemeinden, erworben hatte. 2020 wurde die Marke jOPERA von der Kultur-Betriebe Burgenland GmbH (KBB) übernommen und Alfons Haider Intendant. Seinen „Einstand“ im Landessüden feierte der Generalmusikintendant der KBB 2021 ausgerechnet mit Lehárs „Lustiger Witwe“, einer Operette, deren geplante Neuinszenierung in Mörbisch er durch jene des Musicals „The King and I“ ersetzte. Im Sommer 2022 fand sich mit Fritz Kreislers „Sissy“ ein Haider bestens vertrautes Singspiel auf dem Programm, stand er doch in der Rolle des Kaisers Franz Joseph früher höchst persönlich auf verschiedenen Bühnen. 2023 wurde Jacques Offenbachs „Die schöne Helena“ gezeigt, mit – wie schon bei der „Lustigen Witwe“ 2021– Svenja Kallweit in der Titelrolle. Den König Menelaos gab Martin Weinek, seines Zeichens Intendant des Uhudler-Landestheaters, dessen Spielstätte nun ebenfalls das Schloss Tabor ist. 2024 setzt Generalintendant Haider auf Ralph Benatzkys „Im weißen Rössl“ mit laut Spielplan neun Vorstellungen, wie immer Anfang August, wobei die beiden Sonntag-Abende unter dem Motto „Sing Along“ stehen.
Die Neu-Ausrichtung der Genres mit Musical auf der Seebühne Mörbisch und Operette auf Schloss Tabor (sowie Oper im Steinbruch St. Margarethen) bleibt bestehen. Auch das erstmals 2022 veranstalteten „Ganzjahresprogramm“ auf Schloss Tabor wird fortgeführt, mit Ausstellungen, (Blasmusik-)Konzerten, Kabarett und kulinarischen Angeboten wie einem zweitägigen Sterzfest und Mostkirtag sowie dem Adventmarkt, den es schon unter JOPERA gegeben hat.
Die Marke jOPERA wird von KBB indes nicht mehr verwendet. „Einer der schönsten und romantischsten Plätze des Südburgenlandes“ lautet nun der Slogan und Landeshauptmann und Kulturreferent Hans Peter Doszkozil lobt: „Das Schloss Tabor hat sich als südlichstes Kulturzentrum beachtlich entwickelt”, es sei ein „südburgenländisches Schmuckstück“.
Inszenierung „Die schöne Helena“ auf Schloss Tabor 2023 (Foto: Katharina Schiffl)